Eva Stephan
Schule für Kinder und Jugendliche mit Körper- und Mehrfachbehinderungen, Zürich
Logopädin MAS NDT
Hausgemachte Sondennahrung oder kommerzielle Sondennahrung mit echten Lebensmitteln und ohne Zusatzstoffe erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Studien bestätigen verschiedene Vorteile einer solchen Ernährung.
Frau G. ist oft verzweifelt. Ihr elfjähriger Sohn leidet unter massiven Schmerzen und Reflux. Er kann deshalb nicht schlafen und weint ununterbrochen, Schmerzmittel sind wirkungslos. Nicht selten bleibt das Kinderspital als letzter Ausweg.
In letzter Zeit hat sich der Zustand jedoch erheblich verbessert. Der Grund dafür liegt in der Küche: Frau G. kocht die Sondennahrung nun selbst. Sie sagt, ihr Sohn habe weniger Blähungen, die Verdauung sei besser geworden und Reflux und Schmerzen hätten abgenommen.
Tatsächlich decken sich die Erkenntnisse einiger Studien mit den Erfahrungen von Frau G.:
Kinder, die sich mit natürlicher Sondennahrung ernähren, egal ob hausgemacht oder gekauft, leiden deutlich weniger an Durchfall, Übelkeit, Erbrechen undBlähungen.1 Eine Studie mit erwachsenen Patienten verdeutlicht den positiven Effekt natürlicher Sondennahrung auf Atemwegserkrankungen undRefluxproblematik.2 Grund dafür ist die zähflüssigere Konsistenz, welche Episoden von Reflux und Aufstossen und damit verbundene Komplikationen wie Aspirationspneumonien verringern kann.2 Das breitere Angebot an Nahrungsmitteln kann weitere gesundheitliche Vorteile haben: Die Versorgung mit vielfältigen sekundären Pflanzenstoffen, die Integration von langsam verdaulichen Kohlenhydraten und die Entwicklung eines reichen Mikrobioms.2,3 Der Zusammenhang zwischen Mikrobiom und Immunsystem ist heute gut dokumentiert.4 Bei den vulnerablen Kindern aus unserer Praxis ist ein starkes Immunsystem besonders wünschenswert.
Herkömmliche Sondennahrungen haben auch ihre Vorteile: Man weiss, dass der Nährstoffbedarf ausgewogen abgedeckt wird, man muss keine komplizierten Rezepte nachkochen und die Lebensmittelhygiene ist um einiges einfacher – besonders, wenn man unterwegs ist.
Nicht für jedes Kind und jede Familie ist hausgemachte Sondenkost das Richtige. Bei hausgemachter Sondenkost ist es zudem wichtig, dass die Ernährungsberatung involviert ist. Denn anders als bei Kindern in der Regelentwicklung, die mal von diesem oder jenem mehr essen, haben wir es bei der Sondenernährung mit rigideren Rezepten und Mengen zu tun und man möchte auf jeden Fallgewährleisten, dass die Nährstoffversorgung an den Bedarf angepasst ist. Während für einige Familien dieser Aufwand im vollgepackten Alltag zu viel ist, erfahren andere Familien grosse Zufriedenheit, wenn sie selbst gekochte Nahrungherstellen.5 Eine Mutter, welche sehr traurig war, dass sich ihre Tochter nicht oral ernähren liess, äussert sich so: "I feel like I am doing something 'good' for her." 5, S.19
Familie P. hatte einen unglücklichen Start mit herkömmlicher Sondennahrung. Ihr Sohn musste häufig erbrechen, man probierte unterschiedliche Marken aus. Schlussendlich wurde im Austausch mit der Ernährungsberatung ein Rezept aus selbst gekochter Sondennahrung gefunden, welches er gut vertrug. Über mehrere Jahre funktionierte das, aber mit der Zeitwurde die Herstellung für die Familie doch zu aufwändig. In Natyr fanden sie eine kommerziell erhältliche und natürliche Sondennahrung ganz ohne Zusatzstoffe, die gut vertragen wird.6 Die Toleranz ist gegeben, das Handling einfach und der Sohn profitiert von den oben genannten Vorteilen einer natürlichen Sondennahrung – ohne einen Mehraufwand zu haben. Nur wenn er mal einen Magen-Darm-Infekt habe, erzählt Frau P., koche sie lieber selbst, da habe sie das Gefühl, dass er ihr Essen besser vertrage.
Familie S. macht eine Mischform und stellt die Sondennahrung selbst her, greift aber auf Natyr zurück, wenn ihre Tochter in ein Ferienlager geht.
Zurück zu Frau G.: Ihr Sohn ist stabiler und glücklicher, seit sie selbst für ihn kocht. In der Schule bekommt er aus hygienischen Gründen und wegen des einfacheren Handlings weiterhin herkömmliche Sondennahrung. Frau G. möchte, dass ihre eigenen Erfahrungen auch anderen Familien helfen. Es wäre grossartig, meint sie, wenn man als Eltern informiert würde, dass es auch andere Wege als herkömmliche Sondennahrung gibt.
Die Entscheidung, was für das eigene Kind und das eigene Familiensystem am passendsten ist, sollte bei den Familien liegen. Als Fachpersonen können wir jedoch die verschiedenen Alternativen aufzeigen – und die Familie in ihrer Entscheidung unterstützen.
Quellenangaben